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Die Grenzen der libyschen Kultur – Der lybische Schriftsteller Redwan Abushwesha
Redwan Abushwesha, Maler und Schriftsteller, Tripolis.

Lesung zur Finissage im Art House in Tripolis, 20.2.2005

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Erzählung von Redwan Abushwesha >

Wir trafen den Schriftsteller und Künstler Redwan Abushwesha in einer belebten Strasse von Tripolis und setzten uns mit ihm in einen Garten, wo wir Tee tranken. Abushwesha sprach pausenlos, weil er so viel zu sagen hatte, und sprang von einem Thema zu anderen – kein Zeichen für Weitschweifigkeit, sondern für seinen unglaublich weiten, internationalen, globalen Blick.

Abushwesha ist auf dem internationalen Parkett, in London, wo seine Tochter Filmemacherin ist, und in Dublin, genauso zu Hause (er spricht fliessend englisch) wie in seiner libyschen Heimat. Und als Libyer ist ihm die Kultur seines Landes ebenso vertraut wie die Weltkultur. Vielleicht in einem Anflug von Ironie bot er uns an, für 150 Franken einen Einführungsvortrag in Musils „Mann ohne Eigenschaften“ zu halten.

Die Geschichte Libyens fängt für ihn nicht mit dem Islam an. Nicht einmal mit der römischen Kultur an der Mittelmeerküste. Sie geht vielmehr weit zurück, bis auf die Hirtenkulturen vor 10‘000 Jahren in der Sahara. Die Felszeichnungen in der Wüste kennt er gut, und er ist stolz auf sie. Sie bildenen einen Teil der Kultur und der Geschichte des Landes. Auf die Behauptung einer Libyerin, die einmal meinte, diese archaischen künstlerischen Zeugnisse hätten nichts mit der libyschen Kunst zu tun, entgegnet Abushwesha knapp, dass „die Grenzen der Welt nicht an den Grenzen des Dorf aufhören“.

Er ist in der Lage, aus der Vielfalt von Formen und Stilen der Felskunst den Schluss zu ziehen, dass die Sahara-Kunst vor Tausenden von Jahren nach Westen gewandert ist und die Kunst des Niltals beeinflusst haben muss – zu einer Zeit, als die Wüste grün war und es in Nordafrika Verbindungen zwischen Westen und Osten gab.

Von Abushwesha liegen kurze Erzählungen im Büchlein „The King of the Dead and other Libyan tales“ vor: kurz in Umfang und Form; äusserst dicht in der Aussage. Man könnte an Kalendergeschichten denken; kleine Begebenheiten, die in den Rang von universalen Begebenheiten aufsteigen.