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Maskenmenschen
Maskenmenschen (Umzeichnung)
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Zu den merkwürdigsten Erscheinungen in den Felszeichnungen der Sahara gehören die aus Mensch und Tier zusammengesetzten Zwitterwesen. Sie werden Theriomorphe genannt (von gr. „von tierischer Gestalt“), obwohl die Bezeichnung Therioanthrope (soviel wie „Tiermenschen“) passender wäre. Bei Axel und Anne-Michelle Van Albada werden sie „hommes-chiens“ genannt (Menschen in Hundegestalt).

Ihr Auftreten fällt in die selbe Zeit wie die Rinderzeichnungen, was kaum ein Zufall ist. Sie stehen im Zusammenhang mit der Rinderkultur.

Menschen tragen Tierköpfe (als Fabelwesen) oder über den Kopf gezogene Masken bestehend aus Köpfen von Hyänen, Hunden, Wildschafen (Mufflon), Schakalen, Eseln, Nashörnern, Antilopen und anderen Tieren. Es muss unentschieden bleiben, ob es sich um Jäger handelt, die sich als Tiere verkleiden, um ihr Jagdglück zu verbessern, oder wir es eher mit Geistern, Dämonen, Schamanen beziehungsweise Medizinmännern zu tun haben. Auch Frauen tragen Masken, aber höchst selten. Masken gelten häufig als Sitz höherer spiritueller Kräfte, die sich die Maskenträger aneignen, wenn sie die Maske anziehen, während die anderen Menschen von Furcht und Schrecken befallen werden.

Die Verwandtschaft des Menschen mit den Tieren ist in allen ersten Kulturen ein Topos. Die Tiere bevölkern einen übergeordneten, übersinnlichen Kosmos, aus dem die Menschen sich für ihre irdischen Werke Kraft holen, indem sie sich damit identifizieren. In diesem Sinn können Tiere als Schutzgeister gelten. Rüdiger und Gabriele Lutz sehen in diesen Wesen am ehesten „einen die Tiere beherrschenden Jagdgott“.

Da wir kaum in der Lage sind, die Denkwelt der Menschen zu verstehen, die vor 5000 Jahren und mehr (und unter Bedingungen, die wir uns auch nicht immer genau vorstellen können) gelebt haben, sind die Tiermasken für jede mögliche Interpretation offen, aber am besten wird es sein, sich dabei an die Erkenntnisse zu halten, von denen die Ethnologie heute ausgeht.

Was das Formale betrifft, haben die Hyänen- oder Hunde-Menschen und die Menschen mit Hyänen- und Hundemasken scharfe Zähne zum Zubeissen. Andere Masken vergleichen wir, und sei es nur um der Überraschung willen, mit Comic-Figuren, was gerade in der Umzeichnung deutlich wird. Jeder Naturalismus ist überwunden. Man muss diese grandiosen Stilerfindungen bewundern.

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