Deutschlandfunk: Gespräch mit Abdulmagid Abdulrhman
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NZZamSonntag Projektbericht
Nach 42 Jahren Diktatur - Gespräche mit Menschen in Libyen
Libysches Tagebuch 2006 von Aurel Schmidt
Die Wüste und die Erfahrung des Raums
Die Schöpfer der Sahara-Felsenkunst
Buffon über die Wüste und das Kamel
Afrika in 24 Stunden
Ibrahim al-Koni und die Philosophie der Wüste | ||||||||||||||||||||
Ibrahim al-Koni, lebt und arbeitet in Goldiwil. | Von Aurel Schmidt Wer einmal die Wüste bereist hat, wird wie von einem Virus befallen sein. Das Erlebnis der Begegnung mit ihr hat ihn ein für allemal ergriffen. Von diesem Augenblick an lässt die Wüste ihn nicht mehr los. Sie ist ein wunderbarer, magischer, aber auch ein bedrohlicher, lebensfeindlicher Ort. Ihre Gesetze sind unerbittlich. Von den Menschen, die sie betreten, verlangt sie die Bereitschaft, sich auf ein existenzielles Abenteuer einzulassen. Man muss die Wüste aushalten. Individualistische Eskapaden sind nicht gestattet. Der Mensch ist nichts für sich, sondern eins mit dem All – am schönsten zu erfahren nachts im Sand schlafend. Wer diese Bedingungen erfüllt, wird in der Wüste ein Glück erfahren, das nicht seinesgleichen kennt. Der Mensch selbst ist, wenn er vorkommt, unfrei. Er muss sich an die Verhältnisse, an die Ordnung der Wüste anpassen. Befolgt er sie, wird er eine Form von Glück, von „Erlösung“ (Zitat al-Koni) finden. Das Mädchen Tasidert fragt in einer Erzählung im Band „Meine Wüste“: Warum hat Gott die Wüste als Wüste geschaffen? Die Antwort, die es bekommt, lautet lapidar und erhellend: Damit sie demjenigen als Zufluchtsstätte dient, der frei sein will. Ein moralischer Rigorismus kommt in den Werken al-Konis zum Ausdruck. Oft nur schwer und oft überhaupt nicht gelingt es den Menschen, die Gesetze der Wüste einzuhalten. Meistens treibt sie etwas an, das al-Koni pauschal als „Gier“ bezeichnet, der sie verfallen. Er trieb die Zicklein in das Wadi und stieg die schwarzen, einsamen Anhöhen hinauf, bis er ins Reich der Höhlen und der Märchen gelangte...In den Wänden hatten die Ahnen farbige Zeichnungen geritzt – Giraffen und Gazellen, Einhorn und Mufflon, verschleierte Jäger und entschleierte Götter. Darüber, an die Höhlendecke, hatten sie in Tifinagh (der Tuareg-Sprache, Anm. A.S.) Symbole und gezeichnete Prophezeiungen geschrieben. Zaubersprüche und Hinweise für die Menschen, die nach Wasserstellen suchen. Im Roman „Blutender Stein“ betrachtet der Junge Assuf, wenn er mit seiner Ziegenherde unterwegs ist, die Felszeichnungen im Wadi Matendoush – die „wundervollsten Zeichnungen des prähistorischen Menschen in der ganzen Sahara“, die von „christlichen“ Touristen aufgesucht und bewundert werden. Über Jahrtausende hinweg hatten der gewaltige Priester und der heilige Mufflon ihre eingemeisselten Züge bewahrt, klare, tiefe, erhabene Züge, die aus den reglosen Felsen sprechen...Zeichnungen schmücken die Felsen der Berge und die Höhlen auch in den anderen Wadis in ganz Messak Settafet. Schon als kleiner Junge hatte er sie entdeckt, wenn er sich mit der unfolgsamen Herde müde gelaufen hatte und in den Höhlen Zuflucht und Schutz vor der Sonne und einige Augenblicke der Ruhe suchte. Dann vertrieb er sich die Zeit damit, die farbigen Zeichnungen zu betrachten: Jäger mit seltsam ovalen Gesichtern, die hinter vielen Tieren her rannten, von denen er nur den Mufflon und die Gazellen und den wilden Büffel kannte. Auch nackte Frauen mit grossen, übergrossen Brüsten gab es auf den Felsen. In den Werken al-Konis verbinden sich Kulturen und Erzählweisen über die Grenzen hinweg und durchdringen sich das Realistische und das Phantastische zu einer eigenwilligen, nur schwer erklärbaren Einheit. Die Wüste wird zu einem kosmischen Schauplatz der wirkenden Kräfte. Am Ende wird der Mensch, der sich bewährt hat, belohnt mit etwas, das unbeschreiblichermassen über die Sprache hinausgeht – als hätte man einen kurzen, entscheidenden Blick über eine geheimnisvolle Grenze getan, von dem man sich nie mehr erholt. "Der Magier" (Basel 2002), das Epos der Tuareg mit 800 Seiten, gilt als al-Konis Hauptwerk. Im Roman "Blutender Stein" (Basel 1998) ist oft von den libyschen Felsenzeichnungen die Rede. Der Erzählungsband "Die steinerne Herrin" (Basel 2004) enthält "ergänzende Episoden" zum "Magier". Der Erzählungsband "Meine Wüste" (Basel 2007) versammelt kürzere und längere Erzählungen, in denen das Leben in der Wüste im Mittelpunkt steht. Der Lenos Verlag in Basel hat sich um die Verbreitung des Werks von al-Koni verdient gemacht. Bei Lenos sind noch weitere Werke des libyschen Autors erschienen, deren Übersetzung Hartmut Fähndrich besorgt hat. |